Alltagsintegrierte Sprachbildung
Online- und Präsenzseminare Udo Elfert

Erstes Fragealter in der Sprachentwicklung


Wir alle kennen das erste Fragealter bei Kindern, das meistens zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat zu beobachten ist: Das Kind weist auf ein Objekt (Blick, Zeigegeste) und fragt: „Was (ist) das?“ Wir Erwachsenen benennen das Objekt und kurze Zeit später fragt das Kind erneut oder zeigt auf ein weiteres Objekt und fragt nach dem Namen.

Das erste Fragealter tritt bei Kindern im Spracherwerb auf, wenn sie den Symbolcharakter von Wörtern erkannt haben. Dies ist ab einem Alter von etwa 18 Monaten der Fall – mit individuellen Abweichungen.

Zunächst erwerben die Kinder hauptsächlich Nomen: Mama, Papa, Ba(ll), Puppe, Teddy, Auto und so weiter ("nominaler Spracherwerbsstil"). Wenn die Kinder mehr und mehr Wörter und damit mehr und mehr Nomen erwerben, wird ein Erkenntnisprozess in Gang gesetzt. Das Kind erkennt: „Diese Person hat den Namen „Mama“, diese Person hat den Namen „Papa“, dieses Ding hat den Namen „Ball“ und dieses Ding hat den Namen „Auto“. – Wenn all diese Personen und Dinge einen Namen haben, dann wird wohl jedes Ding einen Namen haben.“ Dies ist die Erkenntnis zu der die Kinder kommen: Jedes Ding hat einen Namen. – Anders formuliert könnte man auch sagen, dass ein Kind dann den Symbolcharakter von Wörtern erfasst hat. Das Kind versteht beispielsweise, dass das Wort „Auto“ symbolisch für ein richtiges Auto steht.

Die Erkenntnis „Jedes Ding hat einen Namen!“ führt dazu, dass das betreffende Kind dann auch den Namen von jedem Ding wissen möchte. Es kommt ins erste Fragealter und weist uns Erwachsene auf die Dinge in seiner Umgebung hin und fordert uns auf, all die Dinge zu benennen: „Was (ist) das?“

Das Kind ist in dieser Phase sehr aufnahmebereit für neue Wörter, wie ein Schwamm saugt es die von Erwachsenen genannten Benennungen auf, und der Wortschatz wird schnell größer. (Wortschatzexplosion)

Das erste Fragealter ist im Übrigen ein schönes Beispiel für eine kindliche Selbstbildungskompetenz, also ein Verhalten, mit dem das Kind seinen eigenen Bildungsprozess vorantreibt und unterstützt: Das Kind ist wie ein Schwamm und saugt neue Wörter auf. Selbst wenn wir Erwachsenen gar nicht auf die Idee kämen, all die Dinge zu benennen und dem Kind neue Wörter zu geben – das Kind holt sich die neuen Wörter selbst, indem es uns danach fragt. 

Im Rahmen der alltagsintegrierten Sprachbildung sollten die Dinge natürlich benannt werden, wenn ein Kind danach fragt. Neben den basalen Elementen wie Blickkontakt, Respond, freundliche Stimme und freundliche Mimik sind auch die folgenden Sprachbildungsstrategien sind hilfreich:

  • Handlungsbegleitendes Sprechen
  • Gemeinsamer Aufmerksamkeitsfokus
  • Berücksichtigung des triangulären Blickkontakts
  • Wiederholung
  • Verbesserte Wiederholung ("corrective feedback")
  • Erweiterungen, erweiterte Wiederholung


(c) Udo Elfert 2021


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